Am ersten Tag meines vierten Besuchs bei Scooby umgeben mich endlich wieder wohlvertraute Gerüche.
Erst die Quarantäne mit vielen kleinen glücklichen Hunden, dann "Paddock 7.3", wo alle meine großen Freunde leben. Danach ist es Zeit für einen Besuch in dem erneuerten "Paddock 7.1" für kleinere Hunde. Ich bin hier wieder von vielen fröhlichen Hunden und Welpen umgeben.
Neben all diesen springenden Kleinen liegt ruhig in der Ecke ein dunkelgrauer Hund mit lockigem Fell. Ich würde es genauso machen an seiner Stelle, inmitten dieser Geräuschkulisse. Als ich auf ihn zugehe, fängt er an, mit dem Schwanz zu wedeln, bleibt aber in seiner Ecke liegen. Ich hebe ihn hoch und taste ihn ab, um zu sehen, ob etwas nicht stimmt. Sein Bauch fühlt sich ein bisschen hart an, er sieht traurig aus, auch fühlt er sich ein wenig kalt an, aber sonst scheint auf den ersten Blick alles in Ordnung. Auch der Tierarzt kann nichts Gravierendes finden, entscheidet aber trotzdem, ihn in die Klinik mitzunehmen.
Dort erfahre ich, dass er vor zwei Jahren adoptiert wurde und vor drei Tagen ins Tierheim zurückkam. Die Besitzerin brachte ihn zu Scooby, weil sie nicht mehr genug Zeit für ihn hatte. Und das kann man sehen: Sein Fell ist von Exkrementen verunreinigt, seine Wolfskralle ist kreisförmig gewachsen, sein Penis rot angeschwollen, wodurch er nicht nicht mehr richtig pinkeln kann. Durch die Blockade in seinen Gedärmen kann er sich auch sich auch nicht mehr richtig entleeren. Aber es kommt noch schlimmer: In seinen Augen ist kein Licht mehr. Er schaut, aber es passiert nichts in seinen Augen. Die Frau hat sich in keinster Weise um ihn gekümmert, nicht für ihn gesorgt und ihn nicht geliebt. Und dabei ist er so ein Schatz!
Er verhält sich ruhig und lieb bei der Untersuchung, wedelt mit dem Schwanz, wenn er einen sieht und lässt sich geduldig streicheln. Aber diese Augen. Sie sagen mehr aus als 1000 Worte. Worte der Vernachlässigung.
Pobre, wie wir ihn nennen, wird nun behandelt, bekommt Medikamente. Ein Bad hat all den schlechten Geruch der Mißachtung mit abgewaschen. Hoffentlich kommt mit der Zeit und viel Aufmerksamkeit das Licht in seine Augen zurück. Denn ein Hund ohne Liebe und Beachtung ist ein armes Wesen, das verkümmert.
Einige Tage später...
Heute ist ein großer Tag für Pobre, den Hund, der durch physische und mentale Vernachlässigung das Licht in seinen Augen verloren hat.
Nach einigen Tagen der Zuwendung rennt er wie der glücklichste Hund auf der Welt umher. Trotz der Medikamente leidet er noch an einer Verstopfung und kann immer noch nicht richtig Pippi machen. Der Arzt hat eine Ultraschalluntersuchung gemacht und dabei festgestellt, dass sich Steine in seiner Blase entwickelt haben, die die Harnröhre blockieren. Deswegen pinkelt er nur tropfenweise, was sicher sehr weh tut.
Heute ist sein großer Tag - er wird operiert! Und ich kann dabei sein. Das ist toll, aber auch ein bisschen angstmachend. Pobre ist mein Liebling geworden in den letzten Tagen, und ihn unter Narkose zu sehen, wie er aufgeschnitten wird, ist nicht ganz leicht für mich. Aber für ihn ist es gut, ein vertrautes Gesicht um sich zu haben.
Jetzt geht es los: Hund auf dem Tisch, IV, Anästhesie, Intubation, Rasur und Wäsche, die Vorbereitung für die eigentliche Operation. Alles Routine für den Tierarzt, aber ich kann meine Augen nicht von Pobres Bauch abwenden. Er muss nun alleine atmen können, eigentlich jetzt sofort. Es kann eine Minute dauern nach der Verabreichung der Narkosemittel, bis es passiert, aber für mich dauert es Stunden. Eine Minute, anderthalb, zwei... Mach schon, Pobre, atme! In mir steigt Panik hoch, aber ich versuche, äußerlich ruhig zu bleiben, da der Tierarzt nicht besorgt aussieht. Als er mit der Vorbereitung fertig ist und auf den Bauch schaut, fängt Pobre an, eigenständig zu atmen. Endlich! Ein Seufzer der Erleichterung, sowohl bei Pobre als auch bei mir. Gott sei Dank, er lebt noch, wir können anfangen.
Sofort nachdem der Abdomen aufgeschnitten und ein bisschen Fett entfernt worden ist (seine frühere Besitzerin hat vielleicht Eines richtig gemacht - sie hat ihn gut gefüttert), sagt der Tierarzt plötzlich: "Überraschung! Wir müssen nur eine Sache operieren, fühlen Sie mal..." Ich kneife in die Blase, um schockiert festzustellen, dass sie sich sehr hart anfühlt! Das ist die "Verstopfung", die wir in seinen Eingeweiden ertastet hatten.
Sobald der Arzt die Blase aufgeschnitten hat, verfallen er und ich in spanische Ausdrücke, die ich hier nicht wiederhole!Was ist das, was da aus seiner Blase rauskommt? Es sieht aus wie ein Stein oder eine Koralle in der Größe eines Pilzes, ungefähr 8 cm lang und 3 cm breit. Unglaublich! Wie konnte sich das in seiner kleinen Blase bilden? Es muss Monate gedauert haben. Und, wie muss er gelitten haben? Er muss lange Zeit unter großen Schmerzen nur tropfenweise uriniert haben. Der arme arme Hund! Er macht seinem Namen alle Ehre: arm und elend...
Glücklicherweise sieht seine Zukunft von jetzt an viel rosiger aus: Wenn er aus seiner Narkose aufwacht, wird er noch wilder mit dem Schwanz wackeln. Süsser, endlich glücklicher Pobre! Was nun bleibt, ist ein gutes Zuhause für ihn zu finden...
Claire