Immer wenn ich Molly auf ihren steifen Beinen hinter mir gehen sehe, frage ich mich so viele Dinge – so viele Fragen, auf die ich wahrscheinlich niemals eine Antwort bekommen werde. Aber ich werde Euch diese Fragen trotzdem stellen, auch wenn ich nicht weiß, wer Ihr seid.
Und das ist meine erste Frage: Was für Menschen seid Ihr? Reich, arm, arbeitet Ihr hart, seid Ihr arbeitslos, habt Ihr Kinder oder nicht, alleinstehend oder nicht – oder spielt das alles gar keine Rolle und ist es in allen Gesellschaftsschichten ganz normal, den kleinen alten Hund zu nehmen und ihn irgendwo abzuladen, natürlich nicht in der eigenen Stadt, dort kennt man Euch und könnte Euch den Hund womöglich zurückbringen. Zumindest wüsste man, wer Ihr seid, also bringt Ihr Molly einfach irgendwo anders hin und überlässt sie ihrem Schicksal, allem und jedem schutzlos ausgeliefert, Autos, großen, aggressiven Hunden, gemeinen Menschen – einfach allem. Wie stellt Ihr das an? Geht Ihr mit ihr spazieren, leint sie ab, damit sie etwas schnüffeln kann, und dann schleicht Ihr Euch davon, damit sie nicht mitbekommt, wie die Menschen, die für sie das Wichtigste auf der Welt sind, sie verlassen? Seht Ihr Euch nach ihr um, wenn Ihr Euch davonschleicht?
Oder habt Ihr sie mit dem Auto weggebracht, einfach die Tür geöffnet und sie herausgestoßen, unmittelbar außerhalb der Stadt oder in der Nähe eines Parks, gleichgültig für den Blick, den sie Euch zuwarf. Sie sah Euch an und konnte nicht begreifen, was geschieht, warum die Entfernung zwischen Euch immer größer und größer wird. Hat sie versucht, auf ihren steifen kurzen Beinen hinter dem Auto herzulaufen, weil sie nicht verstand, warum sie immer mit Euch kommen konnte und Ihr sie nun zurückgelassen habt?
Wie auch immer Ihr Euch Molly entledigt habt, ich frage mich immer wieder, was Ihr wohl danach gemacht habt. Seid Ihr einfach nach Hause gefahren und habt sie vergessen, oder habt Ihr Halt in einer Bar gemacht, um darauf anzustoßen, wie einfach Ihr dieses Problem gelöst habt? Oder vielleicht seid Ihr auch einkaufen gegangen und habt Euch damit gebrüstet, dass Ihr nun kein Hundefutter mehr kaufen müsst?
Wahrscheinlich hattet Ihr keine Probleme zu schlafen, habt nicht für einen Moment an dieses arme kleine Wesen gedacht, das vollkommen verloren war und verzweifelt versucht hat, seinen Weg zurück in sein sicheres Zuhause zu finden, das vor Kälte zitterte und vor Angst, Hunger und Durst, und das kein warmes Plätzchen finden konnte, wo es seinen kleinen alten Körper ausruhen konnte. Denn alte Hunde schlafen sehr viel, und das war alles, was sie wollte: ein Plätzchen zum Schlafen, ihr eigenes, kleines Plätzchen. Aber weil Ihr solche Feiglinge wart und sie auf diese Weise verlassen habt, hatte sie nur die Straße zum Schlafen, denn niemand wollte sie und alle verscheuchten sie, weil sie so dreckig war.
Und das war sie wirklich, ihr Fell war verklettet und verfilzt, aber das war nicht ihre Schuld, denn es war Eure Verantwortung als Besitzer! Sie wurde zum Opfer – hau ab, kleiner Hund!
Wisst Ihr, welche Schmerzen ein Hund leidet, wenn sein Fell so vollkommen verfilzt ist? Und wie Flöhe und zecken es lieben, in einem solchen Fell ihr Leben zu verbringen? Das alleine ist schon enorme Tierquälerei, für die Ihr verantwortlich seid. Ihr hättet Euch viel besser um sie kümmern müssen!
An jenem guten Tag, an dem sie von einem Menschen, der noch fähig war zu fühlen, zu Scooby gebracht wurde, befreite sie ein Freiwilliger von dem schrecklichen Filz und badete sie. Sie sah sofort sehr viel besser aus, aber es war offensichtlich, dass sie furchtbar litt, denn sie hatte alles verloren, was ihr vertraut war, und das ist für einen Hund sehr schmerzhaft. Falls Ihr das noch nicht wusstet, jetzt wisst Ihr es! Es ist für jeden Hund ein Trauma, aus dem Nichts von den Menschen verlassen zu werden, für den er oder sie alles getan hätte! Sie hätte Euch das niemals angetan.
Aber meine wichtigste Frage an Euch ist: WARUM?? Warum musste Molly überhaupt weg? Sie ist so lieb, anhänglich und dankbar für alles, sie verlangt niemals zu viel, bellt nicht zu viel – ich kann nichts entdecken, dass mit ihr nicht stimmen würde. Sie möchte einfach nur den Menschen nah sein, denen sie vertraut und die ihr wichtig sind. Musste sie nur weg, weil sie etwas älter war? Na und? Ich hoffe, sie wird noch sehr viel älter werden, aber das ist kein Grund, sie auf die Straße zu setzen. Sie sind so rührend und komplett von ihren Menschen abhängig, Ihr habt wirklich keinerlei Gefühle oder Emotionen, wenn Ihr dazu fähig seid, einen so kleinen (oder auch großen!) Hund auf diese Weise auf die Straße zu setzen. Ihr wusstet von Anfang an, dass sie 15 Jahre alt werden könnte, und dass Ihr bis zu ihrem letzten Atemzug für sie verantwortlich sein würdet. Und wenn Ihr erst einmal diese Verantwortung übernommen habt, solltet Ihr sie auch bis zum letzten Tag wahrnehmen.
Oder musste Molly weg, weil sie Tumore in der Milchleiste hatte, wie unser Tierarzt Enrique feststellte? Sie brauchte also tierärztliche Versorgung, und anstatt sie zu einem Tierarzt zu bringen, habt Ihr sie zum Dank für ihre Loyalität über viele Jahre einfach auf die Straße gesetzt, wo sie ein qualvolles Schicksal erwartete?
Wie konntet Ihr das tun? Glaubt mir, die kleine Molly hat in einer Pfote mehr Gefühl als Ihr in Eurem ganzen Körper!
Wenn Ihr Euch aufgrund von unvorhergesehenen Umständen nicht mehr um Euer Tier kümmern könnt, gibt es dafür weit humanere Lösungen, als sie irgendwo auszusetzen, und das werdet auch Ihr gewusst haben.
Inzwischen hat Enrique die Tumore entfernt und Molly kastriert. Ein paar Tage ging es ihr nicht gut, aber sie hat sich gut erholt. Und ich denke, ich hoffe, dass sie auf dem Wege ist, wieder ein glücklicher Hund zu werden. Sie folgt mir den ganzen Tag auf ihren steifen Beinen und versteht sich ausgezeichnet mit den anderen Hunden, besonders mit dem kleinen Welpen Flor (die beiden spielen den ganzen Tag miteinander), und sie mag sogar die Katze, aber sie lässt sich nicht herumschubsen und alle haben Respekt vor ihr.
Als ich hörte, dass sie diesen kleinen Hund in den Straßen Medina del Campos aufgelesen hatten, und als ich sah, wie verloren sie in Auslauf 7.1 bei Scooby aussah, tat sie mir so leid, dass ich beschloss, sie zu mir zu holen. Und ich versprach ihr, dass sie sich niemals wieder allein fühlen müsste. Wenn sie wollte, könnte sie bei uns bleiben, und ich glaube, sie will.
An Mollys alte Besitzer: Ihr seid nicht die Einzigen, die Ihr Haustier ausgesetzt haben. Im Durchschnitt wird in Spanien alle 3 Minuten ein Tier im Stich gelassen. Schaut Euch bei Scooby an, was für Hunde wir bekommen. Alte Deutsche Schäferhunde mit grauen Schnauzen, alte Jagdhunde, Galgos, die manchmal schon 10 Jahre alt sind und viele andere alte Hunde, deren Chancen auf eine Adoption sehr gering sind und die einer Familie so viel Freude bringen können und es so sehr verdienen, ihre goldenen Jahre in einem guten Heim zu verbringen. Das sind Hunde, die genau das Gleiche wie Molly erlebt haben.
All diesen skrupellosen Menschen möchte ich sagen: Ich hoffe, dass Ihr Eure Kinder mit den gleichen Werten erzogen habt, ihnen beigebracht habt, dass man sich nicht um jene kümmern muss, die älter und bedürftig werden, dass man sie einfach entsorgen kann. Das würde bedeuten, dass Euch eine sehr unangenehme und einsame Zeit im Alter bevorsteht, und ich muss sagen: Ihr habt jede Minute davon verdient.
Dann könnt Ihr selbst erleben, wie sich das anfühlt, und was Ihr Molly und all den anderen Hunden angetan habt.
Ich wünsche Euch eine sehr schlechte Zeit im Alter...
Cobie