5/29/2012

Aus dem Tagebuch eines ausgesetzten Hundes

Liebes Tagebuch,

 ich heiße Manchas (Pünktchen), und ich bin ein großer, starker und sehr schöner Hund. Meinen Namen trage ich, weil mein Fell ganz gefleckt ist, dutzende von Flecken, die mich wie einen reinrassigen Dalmatiner aussehen lassen. Ich lebe seit gut einem Jahr bei Scooby; mein früherer Besitzer hat mich auf die Straße geworfen. Da bin ich dann ziellos herumgestreunt, bis mich jemand gefunden und hierher gebracht hat. In der ersten Zeit bin ich traurig gewesen und habe mich ein bisschen stur gestellt, weil ich wieder weg wollte, nach Hause, aber als dann immer mehr Zeit verstrich, habe ich verstanden, dass mein Herr nicht mehr zurückkommen würde. Langsam ging mir auf, dass ich nun einer von tausenden verstoßenen Hunden war. Im Laufe der Zeit habe ich mich dann hier eingewöhnt; ich lebe zusammen mit vielen anderen Hunden, die mein Schicksal teilen, oder denen es noch schlechter ergangen ist. Wir alle können eine mehr oder minder traurige Geschichte erzählen, aber wir sind jeden Tag für ein Dach über dem Kopf, etwas Pflege und unser Futter dankbar. Manche von uns sind nur kurz hier im Heim, aber andere wie ich hoffen noch, dass ein netter Mensch auf uns aufmerksam wird und uns mitnimmt in ein schöneres Leben. Bis es soweit ist, habe ich mir vorgenommen, dir meinen Alltag zu schildern.

Erster Tag, 1. Mai 2012

Ich bin bei Sonnenaufgang aufgestanden, weil mich das Bellen der anderen Hunde geweckt hat. Ich habe sie nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass es unsinnig ist, so früh aufzustehen, denn wir haben wirklich ausreichend Zeit für alles, was es hier zu tun gibt. Ich habe ihnen bereits x-mal erklärt, dass sie weiter schlafen und ruhig sein sollen, denn ich brauche meinen Schlaf, weil ich als einziger hier arbeite. Ich bin hier nämlich der Wachhund für die gesamte Anlage, ich bewache und beschütze alle Hunde hier, auch die, die mich durch ihr Bellen die ganze Nacht wach halten. Zum Dank dafür bellen sie weiter und halten mich wach.
Bald wird der Mensch, der sich um uns kümmert, kommen und mich in einen Zwinger sperren, während der Auslauf gereinigt und die anderen Hunde gefüttert werden. Ich warte geduldig im Zwinger, ob vielleicht jemand von den ehrenamtlichen Helfern kommt und mit mir spazieren geht. Ich liebe Spaziergänge; die frische Luft tut so gut, aber ich kann nicht jeden Tag spazieren gehen, weil wir so viele sind und sie nicht immer dieselben ausführen können.
Wenn ich von meinem Spaziergang zurückkomme, ist mein Zwinger sauber; dann esse ich etwas, trinke etwas und ruhe mich aus, bis ich wieder im Freien meiner wichtigen Arbeit nachgehen kann.

Zweiter Tag, 2. Mai 2012

Heute bin ich wieder bei Sonnenaufgang aufgestanden, genau wie gestern, dasselbe Bellen wie gestern hat mich auch heute geweckt, sie haben mich in den selben Zwinger wie gestern gesperrt und ich habe geduldig auf denselben Spaziergang wie gestern gewartet, ich habe gegessen, getrunken und mich ausgeruht wie gestern und genauso wie gestern meine Arbeit getan.

Dritter Tag, 3. Mai 2012

Heute ... genau dasselbe wie gestern.

Vierter Tag, 4. Mai 2012

Wieder ein Tag, genauso wie gestern und vorgestern.

Fünfter Tag, 5. Mai 2012

Heute war der Tag wieder genauso wie jeder andere Tag. Das Tagebuch eines verstoßenen Hundes ist genauso langweilig wie sein Leben. Ich habe es satt, immer dieselben Dinge zu tun, ich brauche Abwechslung. Ich bin müde und gelangweilt, ich brauche frische Luft, Spaziergänge.

Ich möchte fort von hier, ein Zuhause finden mit einen Herrn, der mich gut behandelt, es ist wirklich dringend. Ich bin ein guter Hund, ich hoffe einfach, dass irgendwer auf mich aufmerksam wird und mich mitnimmt, ich will nicht den Rest meines Lebens im Zwinger vergessen werden, das habe ich nicht verdient. Keiner von uns hat das verdient, wir haben wirklich so viel zu bieten! Ich wünsche mir so sehr, dass mir jemand adoptiert und beweist, dass mein früherer Besitzer sich geirrt hat. Ich möchte kein verlassener Hund mehr sein... bitte, ich würde so gerne spazierengehen, etwas frische Luft schnappen.

Nieves Vázquez




Manchas ist jetzt ein gutes Jahr bei Scooby. Er ist ein großer Hund und etwa 5-6 Jahre alt. Er ist etwas Besonderes, gehorcht gut, spielt aber auch gerne. Er braucht ein Zuhause und viel Liebe, je schneller desto besser.