es ist schon eine Weile her, dass
ich euch eine Geschichte erzählt habe, aber die Wahrheit ist, dass ich - neben
der Tatsache, dass ich die Osterwoche frei genommen hatte - jede Menge anderer
Dinge zu tun hatte. Ich mache weiter und weiter und sollte mich besser mal
fokussieren. Ich wollte euch nur mitteilen, dass wir 200 Hühner aus einem
Hühnerstall gerettet haben. Die typische Sorte Hühner, die unter schrecklichen
Bedingungen gehalten werden, nur um Eier zu legen. Die Art Hühner, die ihr
ganzes Leben in einem Käfig leben und dann, wenn sie nicht mehr rentabel sind,
ins Schlachthaus kommen, was für sie die einzige und letzte Möglichkeit ist,
einmal das Sonnenlicht zu sehen.
Um euch die Wahrheit zu sagen:
Dies ist eine Rettungsaktion gewesen, auf die ich besonders stolz bin. Früher
habe ich nie verstanden, warum es so wichtig ist, Hühner zu retten. Es scheint
mir ein Tropfen auf den heißen Stein zu sein. Wir haben 200 gerettet, aber an
diesem Ort wurden eine Million geopfert! Ich bin zu einem Hühner-Fan geworden,
weil nun, obwohl es nur 200 Hühner sind, zumindest diese 200 Tiere frei
herumlaufen können, die Sonne und den Boden genießen und die Gesellschaft der
anderen Hühner und sogar die eines Hahnes, der natürlich der Glücklichste unter
allen ist.
Es war für mich sehr bewegend,
Teil des Teams zu sein, das - trotz der Selbstsucht zu der wir Menschen fähig
sind - diese Tiere in ein natürlicheres Leben entlassen hat. Teil zu haben an
ihrer Wiederentdeckung der Freude. Sie kamen mit uns in ihren kleinen Käfigen
und verhielten sich wie “Eier-Macher”, nicht wie Tiere. Wir brachten sie
hierher und öffneten ihre Käfige, aber sie wollten nicht raus, sie konnten noch
nicht mal laufen. Ich öffnete ihre Käfigtüren und dachte, sie würden loslaufen
auf der Suche nach Freiheit, aber weit gefehlt.
Sie hatten ihr ganzes Leben in
einem Käfig verbracht und konnten nicht laufen. Wir ließen sie raus (viele von
ihnen hatten keine Federn mehr), und wo immer wir sie hinsetzten, blieben sie beieinander
und waren still und ängstlich.
In den letzten Tagen hat es wie
aus Kübeln gegossen in Medina, aber sie haben keinen Schutz vor dem Regen
gesucht in den Unterständen, die wir für sie aufgestellt hatten.
Stattdessen brachten Simonetta
und ich sie einzeln in das Hühnerhaus, ganz durchnässt. Dort blieben sie
mehrere Tage und fingen langsam an, zu lernen. Zu Anfang wussten sie
nicht, wie man auf eine Stange kommt, um sich auszuruhen. Sie pressten sich eng
aneinander, um Schutz und Wärme zu haben. So viel Wärme, dass wir 20 Tiere
verloren haben durch Erdrücken und Ersticken. Sie hatten sogar das Brüten ihrer
Eier verlernt und all ihre tierischen Instinkte. Darüber hinaus hat sich ein
Huhn, das ein verrenktes Beinchen hatte und deswegen für eine Woche in das
Hühnerhaus kam, überhaupt nicht bewegt.
Zum Glück ist “Mutter Natur”
weise und hat sich dieser Sache angenommen: Viele der Hühner leben jetzt schon
seit einigen Wochen bei uns und benehmen sich wieder ganz natürlich. Wenn sie
mich reinkommen sehen, laufen sie mit gespreizten Flügelchen hinter mir her,
weil sie wissen, dass ich ihnen Futter bringe. Sie scharren am Boden, legen
sich hin, heben ihre Flügel an, um Wärme zu bekommen, nehmen Bäder im Sand,
klettern auf die Stangen, legen Eier in ihre Nester, singen, essen Gras und
werden vom Hahn bestiegen, wobei sie nicht wissen, was das soll und für was das
gut ist. Kein Huhn ist mehr gestorben. Und wenn ich hereinkomme, begrüßen sie
mich und - es mag komisch klingen - aber ich sehe ein Lächeln auf ihren Schnäbelchen
und ein Leuchten in ihren Augen. Es ist vielleicht verrückt, aber ich glaube,
dass sie nun glückliche Hühner sind, die es mir jedes Mal zeigen, wenn ich sie
sehe.
Man kann sagen, dass wir jetzt Hühner adoptiert haben. Ich bin stolz, sie
glücklich zu machen und ihnen ein wenig von dem zurückzugeben, was sie für uns
getan haben und tun. Ich bin ein Hühner Fan! Ich bekomme so viele Bisse,
Umarmungen, Schnurrer, Ablecker und jetzt auch noch glückliches Gackern!
Fermin
P.S. Das hinkende Huhn übrigens
lebt noch - es sieht lustig aus, wenn es auf einem Beinchen von einer Stelle
zur anderen hüpft. Der aktuelle Stand ist, dass es wieder Federn bekommt, die
sehr witzig aussehen.